Dezentrale Stromspeicherung für stabile Netze
Publiziert am 14.09.2012 von Adrian Altenburger, Verwaltungsrat und Mitglied der Geschäftsleitung Amstein+Walthert AG Zürich
Meinung Stabile Stromversorgungsnetze sind eine Voraussetzung für die sichere Energieversorgung. Mit der sich abzeichnenden stark zunehmenden Anzahl dezentraler wind-- und solarbasierter Stromerzeugungsanlagen kann das Management der Netzstabilität (50 Hz) an die Grenzen des Machbaren stossen. Speichern statt Rückspeisen wäre das Motto.
Erneuerbare Energien wie die solare Strahlung oder Windkraft haben ein grosses theoretisches Potential, aber sehr hohe Leistungsschwankungen. Bei heute weniger als 1% Anteil an der Wind- und Solarstromproduktion ist dieser Umstand kein Problem und kann mit sogenannter Regelenergie sowie über vorhandene Pumpspeicherwerke elegant ausgeglichen werden.
Der globale Solareintrag ist ca. 10'000 mal grösser als der Weltenergieverbrauch. Der nachstehende Vergleich zeigt, dass dem Potential für stochastische PV-Energie technische Grenzen gesetzt sind. Mit einem langfristigen (komplementär zum Ausstieg aus der Kernkraft bis 2034) Produktionsziel von 30% oder ca. 20 TWh/a Solarstrom heisst dies für die Schweiz folgendes:
Bei einem Ertrag von 150 kWh/m2,a mit ca. 133 km2 PV-Fläche und bei einer spezifischen Leistung von 120 W/m2 werden ca. 16 GW Spitzenproduktion wie heute üblich ins Netz gespiesen. Demgegenüber steht der Spitzenbedarf von lediglich 10.6 GW (17.6.2009). Um den Überschuss von 5.4 GW zu managen wäre nicht nur das komplette Abstellen aller CH-Kraftwerke (AKW 3.2 GW, Wasser 13.4 GW, Andere 0.9 GW) und das Einschalten der Pumpspeicherwerke (1.7 GW), sondern auch die Nutzung des Restüberschusses von 3.7 GW notwendig. Letzteres würde ca. 900'000 Elektromobile mit 4 kW Ladeleistung bedingen. Die Alternative wäre ein Lastabwurf (Abschalten) der dezentralen Produktion um 5.4 GW, was nicht nur ökonomisch problematisch ist, sondern mit dezentraler Speicherung zumindest zu einem grossen Teil umgangen werden könnte.
Falls der auf den Dächern der CH-Häuser erzeugte Strom lokal, d.h. auf der untersten Netzebene gespeichert werden könnte, wäre das Problem der Leistungsspitzen zumindest entschärft. Das ist aber noch nicht Stand der Technik und bedingt entsprechende Forschung und Entwicklung.
In jedem Fall scheint mir dieser Weg zielführender, als der Netzausbau im grossen Stil für unnötige Stromtransfers auf übergeordneten Ebenen.
Adrian Altenburger hat an der Swissbau Focus Arena zum Thema «Energie im Bau - Herausforderungen im Bestand» teilgenommen. Ein Videointerview mit ihm sowie die ganzen Sendung finden Sie im Eventreport.
Adrian Altenburger
Dipl. HLK-Ing. HTL Adrian Altenburger ist Partner/Verwaltungsrat und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Amstein+Walthert AG in Zürich. In seiner Funktion als Bereichsleiter ist er zuständig für die konzeptionelle Beratung und Projektsteuerung für Bauherren, Investoren und Gebäudebetreiber in Fragen der Gebäudetechnik und Energieeffizienz. Adrian Altenburger ist zudem Präsident des SIA-Fachrats Energie.
Kommentare
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29.10.2012 15:58
Die Stromspeicherung ist zweifellos eine der grössten Herausforderungen der Energiewende. Der Bedarf danach wird sehr hoch sein. Eher noch höher als oben vorgerechnet, weil die Spitzen der solaren Stromproduktion nicht mit den Bedarfsspitzen zusammenfallen müssen.
Ich vermute aber, dass wir heute noch nicht beurteilen können, ob lokale oder zentrale Anlagen ökonomisch und ökologisch vorteilhafter sind, da wir über die lokale Speicherung noch wenig wissen und Pumpspeicherwerke gegenwärtig die einzigen verbreitet bewährten zerntralen Speicher sind.
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29.10.2012 19:35
Adrian Altenburgers Vorschlag finde ich sehr sinnvoll!
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04.11.2012 18:38
Sehr geehrter Herr Mutzner
Danke für Ihren positiven Kommentar.
In der Tat sind die Fragen insbesondere zur richtigen, sprich auch ökonomisch nachhaltigen Speichertechnologie noch nicht abschliessend beantwortet. Es gilt entsprechende Grundlagen im Sinne der angewandten Forschung zeitnah zu schaffen.
Leider wurde ein vor kurzem vom BFE ausgeschriebenes Forschungsmandat ins Ausland vergeben, was zwar die Vorgaben der öffentlichen Vergabepraxis nach GATT/WTO erfüllt aber die strategisch wichtige Wissensalimentierung an den eigenen nationalen Forschungsstätten oder Beratungsunternehmungen nicht sicherstellt. Eine verpasste Chance - schade.
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04.11.2012 18:48
Sehr geehrter Herr Professor Özvegyi, lieber Feri
Danke für den unterstützenden Kommentar.
Es scheint mir wichtig, dass nicht wir nicht nur die guten Voraussetzungen für die künftige Generation schaffen, sondern auch emerittierte Professoren Ihre Erfahrung einbringen.
Ein Mehrgenerationenprojekt wie die Energiewende braucht nicht nur Innovation sondern auch Erfahrung und Reflexion.
In diesem Sinne freue ich mich auf einen weiteren lebhaften Austausch, sei es im Focus Blog oder auch in der wirklichen Begegnung.