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Fensterersatz oder Fensterertüchtigung – neue Möglichkeiten

In einer Studie des Instituts Nachhaltigkeit und Energie am Bau FHNW wurde untersucht, in welchen Fällen ein Fensterersatz sinnvoll ist und wie bestehende Fenster saniert oder ertüchtigt werden können. Prof. Barbara Sintzel, Institutsleiterin, hat die spannenden Resultate zusammengefasst.

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4058 Basel, Schweiz

Dabei zeigte sich: Eine Fensterertüchtigung führt oft zu guten Ergebnissen – sowohl aus ökologischer, energetischer als auch wirtschaftlicher Sicht. Die Kosten liegen in der Regel unter denen eines vollständigen Ersatzes.

Der Gebäudesektor trägt wesentlich zu den globalen Treibhausgasemissionen bei, wobei Fenster eine zentrale Rolle für die Energieeffizienz von Bauwerken spielen. Die energetische Qualität der Fenster beeinflusst massgeblich die Transmissionswärmeverluste sowie die Lüftungswärmeverluste durch Undichtigkeiten. Bei fossilen Heizungen führt dies zu erheblichen Treibhausgas-Emissionen. Eine Verbesserung der Energieeffizienz von Fenstern senkt den Energieverbrauch, reduziert die Treibhausgas-Emissionen und verbessert die thermische Behaglichkeit in Innenräumen.


Die Schattenseite neuer Fenster

Die Herstellung neuer Fenster ist jedoch auch mit einem hohen Energieaufwand verbunden. So entstehen für die Herstellung eines Standard-Kunststofffensters rund 260 kg Treibhausgasemissionen. Dies ist auf die Flachglas-Produktion mit hohen Prozesstemperaturen sowie der Herstellung der Rahmenkomponenten zurückzuführen. Bei grösseren Fenstern resp. Fenstern mit Spezialverglasung können bei der Herstellung eines Fensters bis zu 1 t CO2-eq. anfallen. Aus Sicht der Ressourcenverfügbarkeit gilt vor allem Flachglas eine erhöhte Aufmerksamkeit, da der Quarzsand in seiner hohen Qualität nur begrenzt verfügbar ist. Obwohl es möglich wäre, Fenster in Einzelteile zu zerlegen und zu entsorgen, werden Fenster und Flachglas in den meisten Fällen deponiert.

Im Rahmen des Projekts wurde ganzheitlich untersucht, welche Möglichkeiten es gibt, Fenster mit einfachen und wirkungsvollen Massnahmen energetisch zu verbessern und wann ein Fensterersatz besser ist. Es wurden mögliche Ertüchtigungsverfahren hinsichtlich Energieeffizienz, grauer Energie, indirekten Treibhausgasemissionen, Wirtschaftlichkeit und Kreislauffähigkeit verglichen. 


Energetische Bewertung von Bestandsfenstern seit den 1960er Jahren

Das Forschungsprojekt konzentrierte sich auf die energetische Ertüchtigung und Wiederverwendung von Standardfenstern aus dem Zeitraum ab den 1960er Jahren, die bereits mit Isolierverglasungen versehen sind. Es wurden Fenster mit Holz-, Holz-Metall-, Kunststoff- oder Metallrahmen betrachtet, die typischerweise in Wohngebäuden, Bürogebäuden und Schulen eingesetzt wurden. Im Rahmen der Studie wurden zahlreiche Fenstertypen erfasst und ausgewertet. Damit konnte eine Übersicht über die Energieeffizienz der Bestandsfenster der letzten Jahrzehnte erstellt werden und es erlaubt eine erst Grobeinschätzung von bestehenden Fenstern. 

Diagramm, das fünf Versionen (V0 bis V4) einer mechanischen Komponente mit farbigen Teilen zeigt und Änderungen in der internen Struktur sowie das Hinzufügen roter Elemente in späteren Versionen veranschaulicht.
Abbildung 1: Es wurden folgende Ertüchtigungs- und Ersatzvarianten von Fenstern näher untersucht: Einfache Ertüchtigung (V0), Glasaufdopplung (V1), Glasersatz (V2) mit Flachglas, mit Dünnschichtglas oder mit Vakuum-Hybridglas, Renovationsfenster (V3) und Fensterersatz mit Kunststoff-Fenstern (V4).


Anhand von fünf Testgebäuden wurden Fenster analysiert und Ertüchtigungsvarianten vorgeschlagen. Es hat sich gezeigt, dass es beispielsweise in einigen Fenstertypen möglich ist, bei einer bestehenden Isolierverglasung eine beschichtete Glasscheibe inkl. Gasfüllung zu ergänzen (Glas-Aufdopplung) oder die Verglasung auszutauschen (Glasersatz) und den Rahmen zu belassen. Auch die Variante Renovationsfenster wurde untersucht. Hierbei wird ein Fensterrahmen mit neuen Fensterflügeln auf einen bestehenden Rahmen aufgesetzt. Anschliessend wurden die Sanierungsverfahren für die Fenster ausgewertet und mit den Varianten Ist-Situation und Fenster-Ersatz verglichen. Dabei wurden die Gesamtbetrachtungen jeweils mit unterschiedlichen Heizsystemen durchgeführt: Erdgasheizung, Fernwärme und Wärmepumpe.

Balkendiagramm zum Vergleich der Treibhausgasemissionen (kg CO₂-eq/m²a) für verschiedene Optionen der Fenstersanierung, mit Darstellung der Emissionen aus der Produktion und drei Heizsystemen: Gas, Fernwärme und elektrische Wärmepumpe.
 
Abbildung 2: Treibhausgasemissionen Erstellung mit einer gerechneten Nutzungszeit von 30 Jahren und Betrieb (nur Transmissionswärmeverluste) für ein Normfenster (zweiflüglig, Mauerlichtmass 1.55 m x 1.15 m) pro Quadratmeter Bauteilfläche und Jahr für verschiedene Ertüchtigungsvarianten und Wärmeerzeuger


Der Variantenvergleich zeigt die Treibhausgasemissionen aus Erstellung und Betrieb mit unterschiedlichen Heizsystemen auf. Es zeigte sich insgesamt, dass der Wechsel von einer fossilen zu einer erneuerbaren Heizung zu einer relevanten Reduktion von Treibhausgasemissionen führt. Zudem schneiden die Ertüchtigungsvarianten Glas-Aufdopplung und Glasersatz bei den Vergleichen gut ab, vorausgesetzt die Fenster lassen eine Ertüchtigung zu.


Neuer Blick auf alte Fenster

Um eine genaue Reihenfolge der Sanierungsvarianten festlegen zu können, braucht es jedoch eine vertiefte Betrachtung der Fenstersituation und des heutigen und geplanten Heizsystems. Dafür wurde im Projekt eine Wegleitung entwickelt, die ein mögliches Vorgehen aufzeigt. Ausserdem wurde ein Materialpass erstellt, so dass die Erkenntnisse der Abklärungen für jeden Fenstertyp dokumentiert werden können.  

Die Studie zeigt, dass der übliche Fensterersatz nach 20-30 Jahren bei einer ganzheitlichen Betrachtung generell hinterfragt werden muss. Viele Fenster mit Isolierverglasungen können ertüchtigt werden und erreichen damit auch bessere U-Werte. 


Die Studie kann hier (Sanierungsverfahren und Re-Use von Fenstern - FenSanReuse | FHNW) heruntergeladen werden. Sie wurde mit folgenden Partnern erarbeitet: Zirkular GmbH, Kanton Basel-Stadt, Allgemeine Baugenossenschaft Zürich ABZ, Roche, 4B Fenster und Vandaglas. Mit finanzieller Unterstützung vom Bundesamt für Energie. 

Haben Sie Fragen zum Vorgehen bei Ihren Fenstern, dann melden Sie sich bei barbara.sintzel@fhnw.ch

Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik, gestaltet das Programm im Swissbau Focus & Lab aktiv mit und ist mit diversen Veranstaltungen und einer Lounge an der Swissbau 2026 präsent.

Das Institut Nachhaltigkeit und Energie forscht im Bereich nachhaltiges, energieeffizientes und kreislaufgerechtes Bauen. Weitere Informationen finden Sie hier.

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Christine Kern

Christine Kern

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