Dem Lehmbau gehört die Zukunft
Unser Autor Jörg Kradolfer befasst sich seit langer Zeit mit nachhaltigen Materialien. Dazu inspiriert wurde er einst an der Swissbau. Was ihn wohl diesmal erwartet?
1995 kam ich anlässlich einer Sonderausstellung der IG Lehm an der Swissbau in Basel zum ersten Mal mit Lehmbau in Berührung. Als angehender Gipsermeister war ich beeindruckt und begeistert von der Idee, mit Lehm zu verputzen oder Konstruktionen mit Lehm auszuführen. Schon damals war für mich biologisch und umweltschonend zu bauen ein aktuelles Thema. Es bot sich an, dieses in unser traditionelles Gipsergeschäft einzubringen.
Bald stellte sich jedoch heraus, dass es nicht so einfach war, Projekte und Aufträge zu bekommen, um auf diesem Gebiet Erfahrungen zu sammeln. Der Versuch, unserem Betrieb nahestehende Architekten und Bauherren von Lehm zu überzeugen, scheiterte meist dann, wenn das Angebot preislich mit konventionellen Verputzarbeiten und Trockenbau verglichen wurde. Weil die Arbeitstechniken mit Lehm aufwendiger sind, konnten wir mit unseren Stundenansätzen nicht mithalten.
Es schien, dass der Lehmbau für die alternative Bauszene reserviert war, wo junge Leute mit viel Enthusiasmus Pionierarbeit leisteten. Leider fehlte diesen teilweise das Know-how für Verputzarbeiten, was zu Schäden führte und dem Image des Lehms nicht gerade zuträglich war. So kamen wir als ausgewiesene «Verputzspezialisten» über Ausbesserungsarbeiten doch immer mal wieder ins Spiel und das Thema blieb uns nicht zuletzt deswegen erhalten.
Heute hat das Bauen mit Lehm eine stärkere Stellung. Das Material wird als «Baustoff mit dem meisten Entwicklungspotenzial» bezeichnet. Das hat uns motiviert, den Lehmbau als Fokusthema einer der Ausgaben unseres Fachmagazins «Applica» zu setzen. Darin erfahren die Leserinnen und Leser mehr über Architektur mit Lehm, Aushublehm, Lehmfarbputze, Trockenbau mit Lehm und sogar eine Lehmtapete. Es lohnt sich, auf diesem Gebiet als Maler/in und Gipser/in aufmerksam zu sein. Wir haben einiges aufzuholen! Jedenfalls bin ich gespannt auf die Swissbau im Januar 2026, insbesondere im Hinblick auf das Bauen mit Lehm heute, nach gut 30 Jahren.
Jörg Kradolfer, eidg. dipl. Gipsermeister und Mitarbeiter Technische Dienste Gipsergewerbe SMGV