An den Fassaden zeichnet sich die Energiezukunft ab
Die Kantone streben eine Revision der Bauvorschriften an, um die energieeffiziente Bauweise verbindlich mit einer fossilfreien Energieversorgung zu kombinieren. Die Gebäudehülle kann heute schon beides: Energieverluste mindern und Solarenergie erzeugen.
Was muss das Gebäude der Zukunft besser können als ein Neubau von heute? Die kantonalen Energiedirektoren haben dazu eine klare Vorstellung: Wohn- oder Geschäftshäuser sollen dereinst weder fossil noch elektrisch beheizt werden. Gemäss den «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn)» 2025 ist der Heizwärmebedarf ausschliesslich mit erneuerbarer Energie sicherzustellen. Schon heute steigt der Absatz von Wärmepumpen und Solaranlagen, ebenso wie die Zahl der Fernwärmeanschlüsse, um den Gebäudepark Schweiz vermehrt klimafreundlich und CO2-neutral zu beheizen.
Doch die Kantone streben auch eine Reform der lokalen Stromversorgung an: Um den Bedarf im Gebäudebereich möglichst vor Ort zu erzeugen, schlagen die MuKEn 2025 (energiehub-gebaeude.ch) eine Pflicht zur Eigenerzeugung vor. Neubauten und Bestandsgebäude, deren Dach saniert wird, sollen mindestens 10 W/m2 Strom selbst produzieren.
Für ein einzelnes Haus ist der Beitrag eher bescheiden. Doch in der Summe ergibt sich daraus ein kollektives Grosskraftwerk im Siedlungsraum. Erzeugen alle Gebäude in der Schweiz das empfohlene Eigenbedarfsminimum, liefern sie gemeinsam fast doppelt so viel Strom wie die vier inländischen Kernkraftwerke oder gleichviel wie die fünf grössten Wasserkraftwerke zusammen.
Nachfrage nach vertikalen PV-Anlagen
Tatsächlich ist der dezentrale Ausbau von Photovoltaik (PV) im Gang: Über zehn Prozent des Schweizer Stroms werden inzwischen solar erzeugt. Drei Viertel davon stammen von PV-Anlagen im Gebäudebereich. «Die Nachfrage nach Solarmodulen wächst weiter, insbesondere im Fassadenbereich», bestätigt Martina Hickethier vom Solarmodulhersteller Megasol Energie AG. Bei Architekturbüros und Bauherrschaften beliebt sind PV-Fassadenmodule aus ästhetischen und energetischen Gründen. «Sie können farblich und materiell vielfältig angepasst werden», so die Megasol-Sprecherin. Die Leistung verringere sich im Vergleich zum schwarzen Standardmodul höchstens um 10 Prozent. Ebenso sprechen sich die weiteren Vorteile von vertikalen PV-Anlagen am Gebäude herum: Solarstrom wird bei tiefem Sonnenstand – frühmorgens und spätabends sowie vom Herbst bis ins Frühjahr – erzeugt, wodurch der lokale Eigenversorgungsgrad einfach erhöht werden kann.
Efforts für das Energie sparen
Um die Verbreitung von aktiven Fassaden genauso wie PV-Dächer zu fördern, gilt es auch die Rahmenbedingungen zu verbessern. So arbeitet Swissolar, die nationale Fachvereinigung für Sonnenenergie, an einer Standardisierung des Brandschutznachweises. «Dadurch können grossflächige, vielgeschossige Solarfassaden realisiert werden», ergänzt Hickethier.
Doch die Gebäudehülle der Zukunft soll gemäss den MuKEn-Empfehlungen nicht nur mehr Energie erzeugen, sondern will auch den Wärmeschutz nicht lockern. Gemäss der Energiestrategie des Bundes muss der Gebäudepark deutlich energieeffizienter werden. Der Konsum an Heizwärme ist bis 2050 um einen Drittel gegenüber heute zu senken. Auch hierfür spuren die Kantone vor: Administrative Vereinfachungen sollen das energetische Sanieren von Gebäuden fördern. Vor allem an der Aussenhülle lässt sich einiges verbessern. Allein mit einem Fensterersatz kann der Heizwärmebedarf pro Gebäude um 10 bis 15 Prozent gesenkt werden, geben unabhängige Energiesparrechner an.
Fensterersatz als Standardmassnahme
Der Blick in die Praxis zeigt, dass Hauseigentümerschaften den Fensterersatz gerne bevorzugen, weil sie diese Massnahme im Vergleich zu anderen Sanierungsoptionen als preisgünstig wahrnehmen. Stichproben auf nationaler und kommunaler Ebene bestätigen, dass der Austausch der transparenten Bauteile eine Standardmassnahme ist und doppelt so häufig gewählt wird wie das Dämmen von Fassaden. Letzteres ist in baukulturell bedeutenden Gebäuden oft tabu, währenddem neue Fenster meistens toleriert werden. Zudem geben Eigentümerschaften bei Umfragen an, dass sich eine Sanierung von Fenstern ebenso positiv auf den Wohnkomfort auswirkt.
Weil das Gebäude der Zukunft zusätzlich zur Energie auch mit Materialressourcen sparsam umgehen soll, wird immer häufiger hinterfragt, ob nur ein Komplettersatz von bestehenden Fenstern als Sanierungsmassnahme wirkt. Das Institut «Nachhaltigkeit und Energie am Bau» der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) untersuchte alternative Optionen und kam zum Befund: Hinsichtlich Energieeffizienz, grauer Energie und Wirtschaftlichkeit kann das Ertüchtigen von bestehenden Fenstern oft ebenso gute Resultate erzielen wie ein kompletter Ersatz.(https://www.swissbau.ch/de/c/fensterersatz-oder-fensterertuechtigung-neue-moeglichkeiten.66411)
Regelmässige Kontrolle
In der Privatwirtschaft ist diese Botschaft anscheinend angekommen. Immer mehr Fensterfirmen bieten ihrerseits Sanierungsoptionen mit unterschiedlicher Eingriffstiefe an. «Wenn das Fenster noch in einem guten Zustand ist, sind nur geringfügige Reparaturarbeiten erforderlich», sagt Lidija Radovanovic, Marketingleiterin des Fenster- und Türenherstellers EgoKiefer. «Mit einer Wartung können beispielsweise Wärmelecks in den Rahmendichtungen unverzüglich und kostengünstig behoben werden.» Die IG Fenster, ein Verbund von inländischen Unternehmen, empfiehlt in ihren Qualitätsrichtlinien deshalb regelmässige Kontrollen durch Fachpersonen. Am Gebäude der Zukunft wird heute schon gebaut.
Swissbau 20. – 23. Januar 2026
Möchten Sie mehr über effiziente Gebäudehüllen erfahren? Dann besuchen Sie EgoKiefer (Halle 1.1, Stand A60) und Megasol Energie AG (Halle 1.1, Stand C71) an der Swissbau.
Aussteller und Beiträge auf einen Blick:
Veranstaltungstipp im Swissbau Focus: Fenster-Ersatz oder Fenster-Sanierung?