Swissbau Content Hub

Mein Account

Sprache

Standpunkt Swissbau 2026

Zirkulär ist das neue effizient

Rohstoffe sind Risiko und Chance zugleich. Wer heute noch linear plant, verliert an Planbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Zirkulär zu bauen bedeutet, Kosten zu senken, Versorgung zu sichern und Innovation zu fördern – mit Beton als Teil der Lösung.

BETONSUISSE
Bern, Schweiz

Wer heute noch linear denkt, wird morgen draufzahlen. Rohstoffe werden knapper, die Baukosten steigen und die Regulatorik wird strenger. Gleichzeitig verlangen Investoren, Kunden und Mitarbeitende mehr Nachhaltigkeit – nicht als Image, sondern als Systemleistung. Die Kreislaufwirtschaft bietet Lösungen. Sie ist nicht nur eine Antwort auf ökologische Fragen, sondern auch auf zentrale Herausforderungen der Wirtschaft wie Versorgungssicherheit, Resilienz, Abfallvermeidung und Innovation. Jetzt ist der Moment, sie unternehmerisch zu denken und strategisch zu verankern.

Rohstoffe als Risiko – und Chance

Seit Jahrzehnten folgt die Wirtschaft dem Prinzip «Extraktion, Produktion, Konsum, Entsorgung». Dieses lineare Modell hat zwar Wachstum gebracht, jedoch auch Ressourcen, Klima und Zukunftsfähigkeit gekostet. Heute zeigt sich: Wer allein auf endliche Rohstoffe setzt, verliert an Planbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Auch der Druck von Seiten Gesetzgeber und Finanzindustrie wächst spürbar. So verlangt die EU-Taxonomie Nachweise über Ressourcenschonung und CO₂-Fussabdruck. In der Schweiz werden erste Richtlinien zur grauen Energie eingeführt, etwa im Hochbau. Und Banken fragen nach zirkulären Strategien – nicht aus Idealismus, sondern aus Gründen der Risikobewertung.

Nachhaltigkeit ist aber weit mehr als nur die Vermeidung von CO₂. Sie beginnt mit der Frage, was wir überhaupt meinen: Geht es nur um Emissionen? Oder auch um Bodenschonung, soziale Aspekte, die Entwicklung ganzer Quartiere – oder die Langlebigkeit von Gebäuden?

Die pauschale Forderung «weniger bauen» greift zu kurz. Unsere Infrastruktur altert. Die Bevölkerung wächst. Der Bedarf an Wohnraum, Bildungsbauten und Energieinfrastruktur steigt. Wir müssen bauen – aber anders: mit Blick auf Langlebigkeit, Wandelbarkeit und Rückbaubarkeit.

Zahlen, die nicht ignoriert werden können

Laut der Weltbank werden sich die globalen Abfallmengen bis zum Jahr 2050 fast verdoppeln. In der Schweiz verursacht die Bauwirtschaft einen grossen Teil des Abfalls. Gleichzeitig schlummern allein in Schweizer Gebäuden Millionen Tonnen wertvoller Materialien, vom Stahlträger bis zur Betondecke. Wer diese systematisch nutzt oder wieder in Verkehr bringt, spart Kosten und erschliesst neue Märkte. Doch obwohl dieses Potential brach liegt, verläuft die Umsetzung schleppend.

Woran der Wandel noch scheitert

Obwohl die Faktenlage deutlich ist, bleibt der Umbau zur Kreislaufwirtschaft oftmals zäh. Warum? Es fehlt nicht an Technologie, sondern an entsprechenden Denkmustern. Die Wirtschaft ist auf aber nach wie vor zu stark auf lineare Effizienz ausgerichtet, nicht auf Rückführung und Mehrfachnutzung. Renditerechnungen orientieren sich am Projektende und nicht am gesamten Lebenszyklus.

Ein bewährtes Beispiel: Beton im Kreislauf

Betonrecycling ist heute Standard. Betonabbruch ist eine Ressource. Die Schweizer Betonindustrie zeigt, wie es geht: Sie verwertet nahezu 85 % des anfallenden Betonabbruchs wieder  ob als neuen Beton, als Zusatzstoff oder innovatives Produkt in Dämmstoffen. Bemerkenswert ist, dass die Branche im europäischen Vergleich damit an der Spitze liegt. Zudem beginnt Kreislaufwirtschaft im Fall von Beton bereits viel früher. Schon mit der Verwertung von Abfällen als alternative Brenn- und Rohstoffe bei der Zementherstellung, dem wichtigsten Bestandteil von Beton, wird ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet.

Statt Beton zu kritisieren und abzulehnen, sollten wir ihn verantwortungsvoll einsetzen – und als Teil der Lösung denken. Gefragt sind Bauwerke, die dauerhaft bestehen – und sich zugleich flexibel an neue Anforderungen anpassen lassen.

Nachhaltigkeit braucht eine klare Definition

Nachhaltigkeit und auch die Kreislaufwirtschaft beginnt mit der Frage, was wir messen – und was nicht. CO₂ ist wichtig, aber nicht ausschliesslich. Ein langlebiges Tragwerk aus Beton, das ein Jahrhundert hält, schneidet ökologisch oft besser ab als eine Leichtbaukonstruktion mit kurzer Lebensdauer. Wer nur Emissionen zählt, blendet Faktoren wie Ressourcenschonung, Versorgungssicherheit, Nutzungsflexibilität, Rückbaukosten oder städtebauliche Qualität aus. Das ist gefährlich – gerade in einem urbanisierten Land wie der Schweiz.

Was Entscheider jetzt tun können

Kreislaufwirtschaft beginnt nicht im Rückbau, sondern in der Chefetage. In der strategischen Planung. Beim Einkauf. Und in der Projektentwicklung. Drei Hebel wirken sofort:

  • Zielkonflikte sichtbar machen. Was kurzfristig teuer erscheint, spart langfristig Kosten. Die Berechnung der Lebenszykluskosten lohnt sich.
  • Bestand strategisch denken: Ein wichtiger Hebel liegt im Erhalt und Weiterbauen. Wer bestehende Strukturen integriert, spart oft auch Primärressourcen.
  • Recycliertes Material einsetzen – Qualitativ einwandfrei lassen sich die Abfallströme effizient vermeiden.
  • Ziele differenzieren: Kreislaufwirtschaft ist kein Selbstzweck. Sie muss wirtschaftlich tragfähig, technisch machbar und gestalterisch überzeugend sein. Alles andere bleibt Theorie.
  • Materialsysteme zusammen denken: Beton ist kein Gegenspieler von anderen Baustoffen. Kreislaufwirtschaft heisst auch: klug kombinieren, nicht polarisieren.

Zirkularität beginnt im Kopf – und zeigt sich im Beton.

Wer heute zirkulär plant, baut nicht nur nachhaltiger – sondern auch wirtschaftlich robuster. Die Betonindustrie steht bereit, ihren Beitrag zu leisten – pragmatisch, lösungsorientiert und im Dialog. Zirkularität ist kein Slogan, sondern beginnt beim Umbau des Denkens. Wer dieses Prinzip ernst nimmt, muss bereit sein, mit Zielkonflikten umzugehen – und mit den Materialien, die unsere gebaute Umwelt prägen. Beton gehört zwingend dazu.

Ihre Kontaktperson

Patrick Suppiger

Patrick Suppiger

Geschäftsführer

Beitrag teilen

Zugehörige Themengebiete (3)