Bild: Daniel Kurz, Stephanie Bender, Hanspeter Bürgi, Astrid Staufer, Thomas Hasler, Benjamin Widmer, Roland Bernach, Mathias Heinz, Céline Guibat, Martin Rauch
Sendung in voller Länge
Architektur und Technik stehen in direktem Bezug. Als unerlässliches Werkzeug ist die Technik ein bedeutender Bestandteil des heutigen Gebäudeparks. Die Veranstaltung «Future Forum - Rettung durch Architektur!» untersuchte die Beziehung beider Begriffe. Deutlich wurde: Sie können nachhaltig im Verbund operieren. Die Architektur kann sich hingegen auch erfolgreich ihrer eigenen Mittel bedienen und losgelöst von der Technik Nachhaltigkeit erzeugen.
Das von Daniel Kurz, werk, bauen + wohnen, moderierte Future Forum 2016 beschäftigte sich mit dem Verhältnis von Architektur und Technik. Mit «Wachsamkeit ist gefragt» richtete Kurz seinen Rat an alle Beteiligten und umriss die zentrale Frage der Veranstaltung: «Welchen intelligenten Beitrag kann die Architektur leisten?»
Blinder Optimierungswahn nicht zielführend
Thomas Hasler von Staufer & Hasler Architekten aus Frauenfeld plädierte für eine Neuinterpretation des «Vitruvianischen Systems», um es dem Zeitgeist anzupassen. Hasler rät zudem, «wirksame Lösungen aus einfachen Strukturen» zu entwickeln. Blinder Optimierungswahn ist laut Astrid Staufer von Staufer & Hasler Architekten dagegen nicht zielführend. «Architektur, die man be-greifen kann und will» und «Schönheit, die aus Nutzen und Tragwerk hervorgeht» nannte sie als Leitsätze ihres Architekturbüros. Weiterhin verwies Staufer auf eine Masterthesis zum Thema Low-Tech von Michael Brotzer. Laut dem Absolventen werden Gebäude zunehmend zu Maschinen. Der höchstmögliche Ersatz der Haustechnik durch Architektur war daher sein Lösungsansatz. Daraus entwarf er ein Mehrfamilienhaus, das auf architektonischen Grundsätzen und den Bedürfnissen des Komforts beruht.
Potenziale traditioneller Bauweisen
In den anschliessenden Pecha-Kucha-Vorträgen zu jeweils 6 Minuten und vierzig Sekunden referierten prominente Gäste aus der Bauwelt über das Verhältnis von Architektur und Technik. Mathias Heinz von pool architekten aus Zürich nutzte den Slogan eines Automobilherstellers und übertrug ihn als Neuinterpretation auf die Bauwelt. Heinz verdeutlichte anhand verschiedener Beispiele, dass «Vorsprung durch Technik» auch mit traditionellen Elementen erreicht werden kann. Roland Bernath und Benjamin Widmer von Bernath + Widmer Architekten aus Zürich vertraten ebenfalls diesen Standpunkt und präsentierten verschiedene Beispiele aus ihrem Portfolio: «Wir sind an traditionellen Bauweisen interessiert. Wir möchten dem Nutzer zudem sichtbare Konstruktionen ermöglichen, denn sie sind Ausdruck der Architektur.»
Neuinterpretation der Stampflehmbauweise
Martin Rauch erzeugt nachhaltige Architektur mittels der Stampflehmbauweise. Am Beispiel der Vogelwarte Sempach und des Ricola-Kräuterzentrums stellte er die Bauweise und die Charakteristik von Lehm vor, der unter anderem eine kalkulierte Erosion ermöglicht und feuchteregulierend in den Innenräumen wirkt. «Lehm ist ein uraltes Baumaterial, das neu interpretiert werden kann. Die Weiterentwicklung der Bauweise wird jedoch durch die wenigen verfügbaren Fachkräfte erschwert», bemängelt Rauch.
Aufruf zu einem entspannten Umgang mit Technik
Guibat von Mijong architectes aus Sion riet zu einem entspannten Umgang mit Technik und beschrieb die Rolle der Planenden: «Architekten schaffen Raum auf jeder Ebene, sie verleihen Identität und schaffen Beziehungen». Stephanie Bender, 2b stratégies urbaines concrètes aus Lausanne, sieht in dem hohen Mass an Technik eine Gefahr der Vernachlässigung des architektonischen Raumes. Laut Hanspeter Bürgi von Bürgi Schärer Architektur und Planung aus Bern sollte das Prinzip des Teilens stärkere Anwendung finden. Er erklärte: «Wir müssen den architektonischen Raum neu denken. Architektur und Technik stehen sich in der Begrifflichkeit gegenüber, müssen aber keine Gegensätze sein. Vielmehr sind sie Teil eines Ganzen».
«Labelisierung» als potenzielles Hindernis für mehr Nachhaltigkeit
Auch die zunehmende «Labelisierung» wurde bei der Veranstaltung thematisiert. Für Mathias Heinz können sie ein Hindernis bei der Erzeugung von nachhaltiger Architektur sein. Hanspeter Bürgi vertritt die gleiche Meinung: «Labels finden oftmals eine falsche Verwendung. Deshalb ist die «Labelisierung» nicht zwingend mit nachhaltiger Architektur gleichzusetzen».
Appell an das architektonische Selbstbewusstsein
Die Veranstaltung «Future Forum - Rettung durch Architektur!» konzentrierte sich auf die architektonischen Grundlagen und vermittelte deren Bedeutung. Dabei nahm sie vor allem auf traditionelle Bauweisen Bezug und setzte sie in einen neuzeitlichen Kontext. Die Beziehung von Architektur und Technik wird auch zukünftig ein bedeutender Bestandteil der Baubranche bleiben. Bei gegenseitiger positiver Beeinflussung können sie einen wichtigen Beitrag zur Energiestrategie 2050 leisten. Als Plädoyer für eine «Rettung durch Architektur» muss sich die Architektur zukünftig vermehrt auf die eigenen, wertvollen Mittel konzentrieren. Um den Worten von Astrid Staufer zu folgen: «Wir müssen wieder eine Architektur erlernen, die Technik ersetzt». An das Selbstbewusstsein der Architektur appellierte abschliessend auch Daniel Kurz: «Architektur hat eine Kraft. Sie kann zeitübergreifend wirken und mit ihren eigenen Vorzügen Akzente setzen».
Hier finden Sie alle Präsentationen des Tages zum Download.
Weiteres Bildmaterial steht in der Bilddatenbank der Swissbau zur Verfügung.
Videointerviews
Astrid Staufer, Partnerin Staufer & Hasler Architekten
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Daniel Kurz, Chefredaktor werk, bauen + wohnen
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Matthias Heinz, Partner pool architekten
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Veranstalter
Impressum
Text: Morris Breunig, Faktor Journalisten
Interviews: Peter Basler
Kamera und Schnitt: Adrian Baumann, TVision
Fotografie: Aissa Tripodi, Swissbau
Konzept und Koordination: IEU Kommunikation AG