Frisches Know How für eine zukunftsfähige Bau- und Planungsbranche
Treiber wie Klimawandel und Digitalisierung (Stichwort KI) stellen laufend neue Anforderungen an die Branchenvertreterinnen und -vertreter. Wie halten wir die Branche angesichts dieser Herausforderungen für den Nachwuchs attraktiv?
Gerhard Fellnhofer, Direktor der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW, bezieht im Interview Stellung.
Herr Fellnhofer, die Herausforderungen steigen. Was kann eine Fachhochschule dazu beitragen, dass die Branche sich den Herausforderungen annimmt und diese vor allem meistern kann.
Ja, die Herausforderungen sind zweifellos präsent. Doch ich bin zuversichtlich, dass wir über Rezepte verfügen, um ihnen wirkungsvoll zu begegnen. Ein zentrales Element – worauf wir auch in der Swissbau Fokusveranstaltung Neue Fachkräfte für eine zukunftsfähige Bau- und Planungsbranche eingehen werden – ist die gezielte Entwicklung und Gewinnung von Nachwuchskräften für unsere Branche.
Der Blick in unsere Hochschule zeigt, dass wir bestrebt sind, mit attraktiven Studiengängen mutig die aktuellen Trends mitzugestalten. Das ist unser Anspruch. So bringen wir beispielsweise mit Absolvierenden des MSc in Virtual Design and Construction Expertinnen und Experten auf den Markt, die sowohl individuell als auch in ihren Projektteams sicher und souverän mit den durch die digitale Transformation veränderten Rahmenbedingungen umgehen – und dabei in der Zusammenarbeit neue Akzente setzen.
Ein weiteres anschauliches Beispiel ist der BSc in Energie- und Umwelttechnik, den wir gemeinsam mit der Hochschule für Technik und Umwelt und der Hochschule für Wirtschaft anbieten. Energie- und Umwelttechnik bildet Fachkräfte für nachhaltige Gebäude, Städte und Energiesysteme aus – von erneuerbaren Energien über Effizienzstrategien bis zur Kreislaufwirtschaft. In der von uns betreuten Studienrichtung Nachhaltige Gebäude und Städte vermitteln wir nicht nur die Kompetenzen, um Gebäude und städtebauliche Strukturen energetisch zu optimieren. Wir greifen zugleich das wachsende Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit und Relevanz des eigenen Tuns auf, indem wir unseren Studierenden ermöglichen, einen spürbaren Beitrag zu nachhaltigerem Wohnen, Arbeiten und Leben zu leisten.
Liegt die Zukunft also in den Händen unseres Nachwuchses?
Zu einem grossen Teil ja. Ein top ausgebildeter Nachwuchs allein reicht jedoch nicht aus, denn die weitreichenden Veränderungen unserer Zeit erfassen laufend neue Bereiche, und die Anforderungen verändern sich auf allen Ebenen. Etablierte Branchenvertreterinnen und -branchenvertreter laufen Gefahr, dass sie ihr Wissen schon bald nicht mehr auf die neuen Rahmenbedingungen anwenden können. Hier setzt die berufliche Weiterbildung an: Sie bietet Berufstätigen die Möglichkeit, ihr Know-how auf den neuesten Stand zu bringen.
Wie bei den Bachelor- und Masterstudiengängen legen wir als Hochschule grossen Wert darauf, unser Weiterbildungsangebot aktuell zu halten und die neuesten Entwicklungen in der Branche in unser Portfolio zu integrieren. Als jüngstes Beispiel möchte ich den neuen CAS Transformative Raumentwicklung erwähnen. Er versteht Raumentwicklung als Schlüsseldisziplin in der gesellschaftlichen Bewegung hin zu resilienteren und zukunftsfähigen Lebenswelten und startet im April 2026 zum ersten Mal.
Wie kommt die FHNW an dieses neue Wissen, dass sie an ihre Studierenden und Weiterbildungsteilnehmenden weitergibt?
Die Anforderungen ändern sich in einem atemberaubenden Tempo und es ist eine herausfordernde Aufgabe, unser Curriculum so anzupassen, dass es auf die Veränderungen angemessen reagieren können. Wir verfügen als Hochschule aber über wirkungsvolle Mechanismen, die diesen kontinuierlichen Entwicklungsprozessunterstützen.
Zuerst müssen wir verstehen, welche Herausforderungen die Branche umtreiben. Da hilft uns unser breites Netzwerk aus zahlreichen externen Fachexpert*innen, die uns in Lehre und Forschung unterstützen. Zudem sind viele Kolleginnen und Kollegen in einem Teilzeitverhältnis angestellt, da sie etwa ein eigenes Architektur- oder Ingenieurbüro führen. Dadurch sind wir eng mit der Praxis verbunden und erfahren unmittelbar, wo dringender Handlungsbedarf besteht.
Diese enge Verzahnung von Hochschule und Praxis ermöglicht es uns, best practice Beispiele zu identifizieren, die wir an unsere Studierenden und Weiterbildungsteilnehmenden weitergeben können. Das ist eine sehr niederschwellige Art und Weise die Branche mit bereits existierenden, praxistauglichen Lösungen zu versorgen. Doch sind diese Lösungen nicht immer existent und sie müssen neu erarbeitet werden. Hier kommt unsere angewandte Forschung & Entwicklung als zentraler Innovationstreiber ins Spiel.
Als Beispiel möchte ich ein Forschungsprojekt anführen, das wir auch an der Swissbauveranstaltung GeoBIM – Herausforderung bei der Nutzung von Geodaten mit BIM thematisieren. Standardmässig werden amtliche Vermessungsdaten in 2D zur Verfügung gestellt. Die heutige Planung der Bau- und Infrastrukturbranche agiert aber immer mehr mit 3D Daten im IFC-Format. Uns ist es nun gelungen, eine Lösung zu schaffen, die 2D-Daten der amtlichen Vermessung auf das digitale Terrain projiziert und die dritte Dimension wiederherstellt. Damit überwinden wir einen gravierenden Medienbruch und ermöglichen, dass die Daten der amtlichen Vermessung direktfür BIM-Projekte verwendet werden können.
Vielen Dank für das Interview und wir freuen uns auf die 14 spannenden Veranstaltungen der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW.
Swissbau Focus Veranstaltungen & Anmeldung